Am ersten Septemberwochenende war ich wieder bei der „Festa do Avante“ in Seixal, dem großen Kultur- und Politikfest der portugiesischen Kommunisten. Zwischen 100.000 und 200.000 Menschen besuchen dieses beeindruckende, ehrenamtlich von der PCP organisierte Fest jedes Jahr. Die PCP ist eine in Portugal fest verankerte linke Partei, die sich für die Interessen der arbeitenden Menschen einsetzt, national wie international. Viele Jahre habe ich dort die Partei DIE LINKE vertreten, auch mit Unterstützung von Genossinnen und Genossen aus Brandenburg, Sachsen und Berlin.
Bei aller Bewunderung will ich aber einen deutlichen Dissens benennen. Am Samstagabend organisierte die PCP ein Meeting für Gaza, und bei der Abschlusskundgebung hörte man Sprechchöre wie „Palestina vencerá“ – „Palästina wird siegen“. Kein Wort habe ich vernommen über das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023, kein Wort über die Geiseln, die bis heute festgehalten werden, kein Wort über die Entwaffnung der Hamas oder über das Existenzrecht Israels. Stattdessen viel vom angeblichen „Genozid Israels“.
Ich möchte mir nicht ausmalen, was „Palästina wird siegen“ bedeutet für jene Jüdinnen und Juden, die im Staat Israel ihren Schutzraum gefunden haben. Ein Sieg „Palästinas“ heute wäre ein Sieg der islamistisch-faschistischen Hamas – und das kann nicht das Ziel von Linken sein.
Für mich gilt: Ja, in Gaza gibt es unermessliches menschliches Leid, viele zivile Opfer, Hunger und Not. Darauf kann niemand gleichgültig reagieren. Auch die israelische Regierung begeht Verbrechen, wie es sie in jedem Krieg gibt – und am meisten leiden Zivilisten, Frauen und Kinder. Deshalb bin ich gegen den Krieg, ob in der Ukraine oder in Gaza. Aber von „Genozid“ zu sprechen halte ich für falsch. Die Hamas hat den Krieg mit ihrem Angriff vom 7. Oktober begonnen, Israel verteidigt sich. Ich bin überzeugt: Nur die Freilassung der Geiseln, die Entwaffnung und Enteignung der Hamas können diesen Krieg beenden.
Darum gilt für mich: Ich beteilige mich nicht an Veranstaltungen, die zwar das Leid in Gaza thematisieren, aber die Verbrechen der Hamas verschweigen und das Existenzrecht Israels nicht klar betonen. Wenn mir manche deshalb den Vorwurf machen, ein „Zionist“ zu sein – dann bin ich eben ein Zionist.